Restauration Ghost 48 Mk 1

06.06.2020 14:33:29 | Jürg Rothenbühler

Restauration Ghost 48 Mk 1 / S/N 2340

Film 1. Prüflauf
Fotogallerie Restauration

Auftrag: Triebwerk in Bremszelle so aufstellen und ausrüsten, um Triebwerk-Läufe zu Demonstrationszwecken durchzuführen.

Team
• Jürg Rothenbühler, Projektleiter
• Hans Burkard
• Daniel Siedler, Leihgeber
• Bruno Kreuzer
• Arne Brandt

Zustandsaufnahme des Tw
Das Triebwerk wurde spätestens 1984 aus einem Flugzeug Venom ausgebaut. Wie und wo es in der Zwischenzeit gelagert war, ist mir nicht bekannt.


1. Arbeitstag vom 23.03.19

Beteiligt:  Jürg Rothenbühler, Arne Brandt
Ziel:  Erkennen, ob das Tw überhaupt noch lauffähig ist.
• Sichtkontrolle und Reinigung
• Manuelles Drehen des Rotors mit Besenstiel (gelang erst nach gutem Zureden)
• Ausbau und Kontrolle der Zündkerzen
• Sichtkontrolle der Zündgeräte und Kabel
• Prüfen des montierten Elektrostarters Rotax Type C6103.
Daten: Leistung 11BHP, 3700 RPM, 112 Volt, 155.AMP

Wir stellten fest, dass dieser Starter vorher in einem Rolls Royce Olympus Jet Engine des Vulcan Bombers eingebaut war und sich eigentlich nicht für das Ghost eignet. Dafür brauchen wir mindesten 6000 RPM bis zur Selbsthaltungsdrehzahl des Rotors von 1052 RPM. (Untersetzungsfaktor: 5.7) Weiter stellte sich sofort die Frage, wie die Speisung von 112 Volt und 155 Ampere zu bewerkstelligen ist.

Fazit: Äusserlich sieht das Triebwerk leicht verwahrlost aus, aber technisch könnte es  funktionieren.

  2. Arbeitstag vom 29.06.19
Beteiligt: Jürg Rothenbühler, Arne Brandt
Ziel:  Starter an 30 Volt Gutor anschliessen und Tw elektrisch durchdrehen
• Funktionskontrolle Schmierstoffsystem
• Funktionskontrolle Zündung
• Verbindungskabel zwischen Gutor und Starter herstellen
• Starter Relais 250 AMP und Startertaste verkabeln
• Zündboxen elektrisch anschliessen
• Drehzahlmesskabel anfertigen
• Rotorlager vorschmieren
• Tw mittels Starter durchdrehen

Fazit: Der Rotor kann mit 30 Volt lediglich auf 368 RPM gebracht werden. Der Schmierstoffdruck steigt auf 2 bar. Beide Zündkerzen funktionieren einwandfrei.
3. Arbeitstag vom 21.09.19
Beteiligt: Jürg Rothenbühler, Arne Brandt
Ziel:  Funktionskontrolle des Treibstoffsystems
• Schlauchverbindung zwischen Treibstoff-Druckgefäss 30 Liter (ex Ölauffüllgerät Mirage) herstellen
• Tw mit Starter durchdrehen dabei den Hockdruckhahn und den Leistungshebel öffnen
• Dichtheit des Treibstoffsystems überprüfen

Fazit: Die Treibstoffpumpen bauen trotz der  tiefen Drehzahl einen genügend hohen Druck von über 28 bar auf, um das Ventil im Treibstoffverteiler zu öffnen und in die Brennkammern einzuspritzen. Die beiden Leistungshebelwellen sind stark undicht. Am Kompressor-Gehäuse fehlen 20 Muttern.
4. Arbeitstag vom 16.11.19 (nur vormittags)
Beteiligt: Jürg Rothenbühler
Ziel: Welche Spannung braucht der Starter, um das Triebwerk auf Startdrehzahl zu bringen?
• Abklären, ob die Möglichkeit besteht, die Spannung des Gutor von 30 Volt mit mehreren 12 Volt Batterien in Reihe nachzuschalten, bis wir die nötigen 6000 RPM Starterdrehzahl erreichen.
• Ist es überhaupt möglich, den Motor so hoch zu drehen?

Fazit: Probieren, ob’s klappt

Später gelang dieser Versuch mit 4 zusätzlichen Batterien mit gesamthaft 78 Volt um die nötigen Drehzahlen für den Start zu erreichen.

Technische Daten

Konstrukteur: De Havilland GB
Hersteller: Sulzer Winterthur
Baujahr: 1956
Leergewicht: 972 kg
Drehzahl: Idle 3000 RPM / Max 10250 RPM
Schub: Idle 106 kg / Max 2199 kg
Treibstoffverbrauch: Idle  409 lt/h / Max 3341 lt/h

Weiteres Vorgehen
Anhand der  gewonnen Erkenntnisse der Arbeitstage, wussten wir, dass das Triebwerk mit 95% Sicherheit funktionieren wird. Die 5% Unsicherheit bezog sich nach dieser langen Standzeit auf die Funktion der Regulierung zwischen den Treibstoffpumpen, dem barometrischen Druckregler und dem Treibstoff-Luftgemisch Regler.
Test Equipment
Treibstoffspeisung
Das Triebwerk muss mit einen Druck von 0.3-0.5 bar versorgt werden. Für die ersten Versuche verwenden wir ein 30 lt Oelauffüllgerät vom Mirage. Diese Menge reicht für eine Laufzeit bei Leerlauf für 5-6 Minuten. Für längere Läufe steht noch ein Venom Rumpftank mit 400 Liter Inhalt und Quellenpumpe zur Verfügung, der jedoch noch adaptiert werden muss.

Elektrische Speisung
Für den Starter wird der 30 Volt Gutor mit 4 nachgeschalteten 12 Volt Batterien mit gesamthaft 78 Volt verwendet. Für das Starterrelais und die Zündung liefert ein zusätzlicher Gleichrichter die benötigten 28 Volt. Das Kontrollpanel wird mit einem 220 Volt Netzanschluss versorgt. Die nachgeschalteten Elektronikkomponenten beziehen den entsprechenden Energiebedarf über eigene stabilisierte Netzgeräte.

Ansteuerung Hochdruckhahn und Leistungshebel
Anstelle von Bowdenzügen verwenden wir 2 Digitalservos mit einer Stellkraft von 25 kg/cm. Die Ansteuerung läuft über zwei Schieberegler via Prozessor auf die Servos.

Startermotor-Drehzahl
Dazu musste ein Magnetgeber hergestellt und auf die Drehachse des Starters montiert werden. Die Impulse leitet ein Hallsensor auf einen Prozessor und wird dort weiter verarbeitet.

Kontroll- und Bedienelemente
Auf dem Kontrollpanel werden Rotordrehzahl, Strahltemperatur, Schmierstoffdruck und Treibstoff-Eintrittsdruck analog und die Starterdrehzahl digital angezeigt. Für die Triebwerkbedienung sind 3 Kippschalter, der Starterknopf und zwei Schieberegler für den Hochdruckhahn und den Leistungshebel eingebaut.
 
Beschaffung, Fertigung und Aufbau der Testeinrichtung

Im Zeitrahmen vom November 2019 bis April 2020

Jürg Rothenbühler
• 2 Lufteinlauf Gitter
• Magnetdrehzahlgeber für den Starter Motor
• Servohalterung und Leistungshebel-Gestänge
• Kontrollpanel
• Verkabelung der Starter und Zündanlage
• Verkabelung der analogen Messanschlüssen

Die aufgewendete Zeit habe ich nicht registriert, aber es waren schon einige Stunden Herstellungs-und Denkarbeit über den ganzen Winter notwendig.

Hans Burkard
• Leistungshebel Steuerung
• Starter-Drehzahlmessung
• Beschaffung Servos
• Beschaffung der elektronischen Komponenten
• Verkabelung des elektronischen Systems
Bereitstellen für Prüflauf
Beteiligt: Jürg Rothenbühler , Hans Burkard, Bruno Kreuzer, Kurt Rüttimann,    Peter Epper, Res Weber.

Für den Prüflauf musste das Triebwerk in den Abgaskanal verschoben und fixiert werden. Als geeigneter Befestigungspunkt bot sich dort der Rückhaltehaken des Tiger F5 an. Im Bremshaus-Material fanden wir dann tatsächlich auch einige genügend starke Stahltrossen, damit konnte das Triebwerk sicher befestigt werden.
Prüflauf am Montag, 27. April
Beteiligt: Jürg Rothenbühler, Hans Burkard, Bruno Kreuzer, Kurt Rüttimann, Peter Epper, Res Weber (im kleinen Rahmen wegen Corona)

Ausführen der üblichen Sicherheitsvorkehrungen vor einem Triebwerklauf.

1. Start nach 36 Jahren Stillstand
Die Zündung erfolgte relativ spät, die Strahltemperatur lief gegen die obere  Toleranzgrenze und im Abgasstrahl war Funkenwurf zu sehen. Deshalb wurde der Startvorgang mittels Hochdruckhahn abgebrochen. Anschliessend ventiliert, dann Turbine und Abgaskanal auf Beschädigungen kontrolliert. Befund: Alles im normalen Bereich. Laufzeit 30 sec.
 
2. Start
Nach der Zündung läuft die Drehzahl mit Starterunterstützung hoch, bei ca. 1100 RPM wird der Starter abgeschaltet und das Triebwerk beschleunigt selbstständig auf die Leerlaufdrehzahl von 3000 RPM. Strahltemperatur und Schmierstoffdruck sind in Toleranz. Funktion vom Leistungshebel überprüft. Wegen fast leerem Treibstoffbehälter mit nur 30lt Inhalt musste nach 2 min 30 sec Laufzeit abgestellt werden. Rotorauslauf und Geräusche in Ordnung.

3. Start
Nach problemlosem Startvorgang und stabilisiertem Leerlauf auf Drehzahl 4000 RPM erhöht, alles funktioniert einwandfrei. Keine Schmierstoff- und Treibstoffundichtheiten festgestellt. Stopp nach 3 min 50 sec.

4. Start
Nach einwandfreiem Start wurde das Triebwerk auf 5000 RPM beschleunigt. Die Reaktionen auf Leistungshebelbewegungen sind Ghost-typisch etwas träge, aber einwandfrei. Stopp nach 4 min 10 sec

Der nächste Schritt wird die Adaption des 400 Liter Tanks sein, um längere Laufzeiten zu erreichen.
Besten Dank an alle, die mitgeholfen haben, dieses komplexe Projekt voranzubringen:
Hans Burkard für die Herstellung und Programmierung der elektronischen Leistungshebelsteuerung, der Drehzahlmessung und den Lötarbeiten
Arne Brandt, für die fachmännische Mitarbeit
Daniel Siedler, Leihgeber des Ghost und Lieferant des 400 Liter Flugzeugtanks
Beat Brand, Lieferung des Venom JET Temperatur Instruments
Ferdi Meyer, Lieferung des Venom Drehzahlmessers
Ernst Flessati, Flieger- und Fahrzeugmuseum Altenrhein, für die Ersatzteile und Montagewerkzeuge zur Abdichtung der Leistungshebelwellen
Dem mutigen Bereitstellungs-Team Hans Burkard, Bruno Kreuzer, Kurt Rüttimann, Peter Epper und Res Weber für die Mithilfe bei den ersten Starts

Für den Bericht: Jürg Rothenbühler, Projektleiter